Unglückliche Liebe und Revolution

Fallersleben » Biographie » ( 03. 02. 1829)

Hoffmann verliebte sich in Davida von Thümen, der Tochter eunes befreundeten Breslauer Oberlandesgerichtsrats. Die Eltern waren aber nicht an einer Heirat interessiert, da Hoffmann zu wenig verdiente – Professur hin oder her. Das zog sich bis mehrere Jahre hin..

3.2.1829, Breslau, an Meusebach in Berlin

Das war der letzte schönste Traum meines Lebens, den ich diesen Morgen träumte… Warum mußt ich denn erwachen ? Hätt‘ ich doch nie einen freudigeren Tod sterben können ! Aber ich erwachte, und ein eben angekommener Brief (vom 27.) bewies mir klar, daß ich auch heute, so eben vor wenigen Minuten wie seit vielen Jahren nur geträumt habe. Ha, mein armes Herz ! es möchte vor Schmerz zerspringen ! und meine unglückliche Liebe – ich halte ihr jetzt eben feierlich das Totenamt und flehe inbrünstig zu Gott, daß er sich ihrer erbarme…
(Briefe, S. 57, an Katharina von Meusebach).

Zur Fastnacht 1829 sammelt der Breslauer Künstlerverein für sittlich verwahrloste Kinder. Hoffmann sammelt mit. Was hieß damals „siitlich verwahrlost?“

Im März 1830 wurde Hoffmann von Fallersleben dann also endlich außerordentlicher Professor für deutsche Sprache und Literatur in Breslau. Dies bedeutete ein jährliches Gehalt von 200 Talern, so viel hatte er noch nie besessen. Sein Doktortitel wurde nicht anerkannt, Hoffmann weigerte sich aber erneut zu promovieren, statt dessen ließ er eine lateinische Abhandlung drucken (den ersten Band der „Horae belgicae“ und hielt eine Rede in Latein. Auch hier half ihm der Minister Altenstein gegen die Breslauer Philister. Nun kam also eine weitere Aufgabe zu seinem Tagespensum dazu. Als außerordentlicher Professor hatte er aber noch keinen Lehrstuhl, und so blieb er an die Bibliothek gebunden. Mehrere Gesuche richtete er an den Minister, die Gutachten der Fakultät blieben aber negativ. 5 Jahre sollte er warten, während seine Wut beständig wuchs.

2.4.1830, Breslau, an Meusebach in Berlin

Unterdessen stand mein äußeres Leben in seiner ganzen Unerträglichkeit vor mir; die alten Mängel und Gebrechen schienen mir so verjährt, daß ich mich nur zum Dulden veranlaßt fühlte, oder ich hätte denn in einer gewaltsamen Zersprengung aller Verhältnisse Heil suchen wollen. (Briefe, S. 61)

18.6.1830, Breslau, an Ernst Richter in Breslau

Es ist ein eigenes Ding um das Dichten. Ich glaube, wenn ich mich durch ein Gedicht auch vom Tode retten könnte, ich würde gewiß eher hundertmal sterben müssen als einmal lebendig davon zu kommen. Gestern wollte ich durchaus dichten und schon heute morgen ihnen schicken, was sie wünschten, es ging nicht. Heute glaubte ich, es sei unmöglich, und im Nu war das Gedicht fertig. (Briefe, S. 65)

Im Juli war Revolution in Frankreich (Julirevolution). Die Herrschaft der Bourbonen (Karl X.) , eng verbunden mit der Kirche, wurde gestüzt und an die Macht kam der Bürgerkönig Louis Phillipe, damit war die Trikolore mit ihrerm Freiheit, Geleichheit, Brüderlichkeit wieder an Stelle des Lilienbanners getreten., ähnliche demokratische Umstürze geschahen in Italien und Polen, und selbst in manchen Teilen des zersplitterten Deutschlands kam es zu Aufständen.

Revolution in Braunschweig

Am 7. September 1830 jagte das Volk den verhaßten Herzog Karl II. zum Teufel, den sie wegen seiner Verschwendungssucht „Diamantenherzog“ nannten. Eine aufgebrachte Menschenmenge stürmte zunächst das umzäunte Gelände der Residenz und anschließend das Schloss, plünderte es und setzte es in Brand. Das Stadtschloß brannte bis auf die Grundmauern nieder. Der „Diamantenherzog“ floh am selben Abend aus Braunschweig und kehrte nie wieder zurück. Selbst in Hannover (und damit auch in Fallersleben) wurde eine Verfassung durchgesetzt, ebenso in Kurhessen und Sachsen. Hoffmann verfolgte „mit gespannter Aufmerksamkeit jede Regung zur Herbeiführung besserer Zustände namentlich in Deutschland.“.

In Polen, das ebenso wie Deutschland geteilt war, wurde der Aufstand niedergemetzelt, bei Hoffmann und Campe, dem Verlag der 8 Jahre später auch die unpolitischen Lieder veröffentlichen sollte, brachte Hoffmann 1832 “ Polenlieder , ein Totenopfer “ heraus. Ein weiteres Volk, das um seine Unabhängigkeit kämpfte, war Belgien, das 1830 aus dem Verband mit Holland ausschied. Hoffman war auf Seiten der Flamen. In Deutschland wurden die Repressalien verstärkt, Hoffmann schrieb an seinen Bruder:

„Wir armen Schlesier ! wir werden leider zuviel regiert; das ist die allgemeine Klage. Ja, könnte es nur unmerkelicher (Merkel war der Oberpräsident der Preußischen Provinz Schlesien) geschehen, da wär‘ s noch ziemlich. Der gute Wille und die Tatkraft des einzelnen wird durch die angemaßte Vormundschaft von Seiten der Regierung täglich mehr geschwächt. Das Beschönigen und Vertuschen des Unglücks von oben herab, die vielen halben und unsinnigen Maßregln, die höchstens ein Berliner Korrespondent in der Allgemeinen Zeitung loben kann, das despotische Wesen unserer Polizei, ihr Aushorchen, ihr Aufpassen – Alles erstickt das letzte Vetrauen gegen die Regierung und erbittert gegen die Beamten. Von einer öffentlichen Meinung, die auch hier noch manches Übel abwenden, der Willkürlichkeit Schranken setzen und die gesunde Vernunft zu ihren Rechten bringen würde, kann in einem Land, was immer schläft, keine Rede sein. Und wollte es auch aufwachen, wollte es sein eigenes Interesse kennenlernen, der hiesige despotische Aristokratismus und allgemeine spießbürgerliche Obskurantismus gibt es nicht zu. Auch der gebildetere Teil Breslaus lebt in einer politischen Unbefangenheit und ahndet kaum die spanische Zensur, die jeden freien Gedanken wie eine lästige Fliege dem braven Bürger abfängt.“

7.12.1830, Breslau, an Jacob Grimm in Göttingen

Von manchen Seiten gequält und beunruhigt, verfiel ich zuletzt in eine solche Selbstquälerei, daß ich mich sogar noch um die Freuden betrog, die mir sonst niemand hatte nehmen können. Jetzt habe ich keine Zeit mehr, mich traurigen Stimmungen hinzugeben… Meine Professur macht mir viel zu schaffen. ich war gar nicht darauf eingerichtet. Jetzt lese ich zwei Publica: Geschichte der deutschen Sprachstudien vor 30 Zuhörern und über das deutsche Volkslied vor 20.- Geschichte der deutschen Literatur privatim, hatte ich angeschlagen, bekam sie aber nciht zustande, weil ich 20 Zuhörer haben wollte und die Zuhörer zahlen sollten….Nun lese ich noch mit vieler Lust und Liebe Handschriftenkunde, zweimal, jedesmal vor 6 Zuhörern. (Briefe, S. 66)