Besuch in Fallersleben

Fallersleben » Biographie » ( 20. 08. 1849)

Im elterlichen Hause wurden wir froh empfangen und wir fühlten uns wohl und glücklich. Obschon meine Zeit sehr in Anspruch genommen wurde durch den Familienverkehr, durch Spaziergänge und Besuche, so blieb mir doch noch manche Stunde zu ruhigem Arbeiten. Schon lange hatte ich daran gedacht, die vielen Geschichten, Schnurren und Witze, womit ich mich und Andere zu ergötzen pflegte, in eine Form zu bringen, worin sie meinen Freunden und Bekannten wieder lieb und werth würden. Ich dachte mir eine Gesellschaft von Stammgästen, die sich jetzt, nachdem es gefährlich geworden, sich über Politik frei auszusprechen, auf harmlosere Weise unterhielten. Jedem besonderen Charakter sollten eben die demselben entsprechenden Geschichten in den Mund gelegt werden. Ich vertheilte den Stoff auf eine Woche, also sieben Sitzungen. Die Sache gedieh. So wie eine Sitzung fertig war, las ich sie des Abends vor. Die Theilnahme der Meinigen begünstigte mein Unternehmen und bald waren die sieben Sitzungen vollendet. ( Hier ist Das Parlament zu Schnappel gemeint )

Nebenbei machte ich Studien zu einem › Geburts-und Sterbekalender verdienstvoller Deutscher ‹. Obschon ich später noch viel Fleiß und Mühe darauf verwendete, so konnte ich doch nie zum Abschlusse damit kommen, weil ich nur ganz sichere Nachrichten aufnehmen wollte. Ferner beschäftigte ich mich mit einem “ Hannoversches Namenbüchlein “ ‹, das ich aber erst später vollendete und drucken ließ.

Meine angenehmste Thätigkeit war jedoch das Dichten. Ich suchte meine Liebe in Beziehung zu bringen zu den Jahreszeiten und der Gegend. Als ich zuerst in diesem Jahre wieder hier war, wollte es eben Frühling werden, und die Gegend hatte noch ihr altes Ansehn: überall Heidekraut, hie und da ein Busch, ein Baum. Jetzt war es Herbst und die Verkoppelung eingetreten, Alles war vertheilt und urbar gemacht, kein Busch, kein Baum, keine Heide mehr zu sehen bis an die stadthannoversche Gränze. Unter diesen Wandelungen entstanden meine “ Heidelieder „.
in: Mein Leben – (ab dem 20. August 1849)