Der Edelmann er schenkt sich fleißig ein

Fallersleben » Politische Gedichte » ( 10. 05. 1841)

So tröstet euch nun mit diesen Worten untereinander.(1.Thessalon. 4,18)

Der Edelmann, er schenkt sich fleißig ein:
Ich kenne nur noch diesen Gänsewein.
Mein Vater weiland zahlte keine Steuer;
das Korn ist wohlfeil jetzt, das Leben teuer.
Doch liegt ein Trost in einer alten Sage,
die hat sich fortgepflanzt in unsere Tage
bei allen Armen, Müden, Altersschwachen:
Der König wird uns glücklich machen.

Der Spielmann hängt die Zither an die Wand:
Wie glücklich könnte sein der Musikant!
Ich nahm doch nächten hübsches Geldchen ein,
und langt´ s mir noch nicht zum Gewerbeschein.
Doch liegt ein Trost in einer alten Sage,
die hat sich fortgepflanzt in unsere Tage
bei allen Armen, Müden, Altersschwachen:
Der König wird uns glücklich machen

Der Bauer stürzt spät abends seinen Pflug:
So hab´ ich heute mich gequält genug!
Froh wär´ ich, wüßt ich nur, wovon ich heuer
bezahlte meine Grund und Klassensteuer.
Doch liegt ein Trost in einer alten Sage,
die hat sich fortgepflanzt in unsere Tage
bei allen Armen, Müden, Altersschwachen:
Der König wird uns glücklich machen

Der Dorfschulmeister macht die Schultür zu:
Heut´ sind es fünfzig Jahr,´ gern hätt´ ich Ruh´ –
Wie aber, wenn ich nun entlassen werde ?
Dann fängt erst an die Sorg´ und die Beschwerde.
Doch liegt ein Trost in einer alten Sage,
die hat sich fortgepflanzt in unsere Tage
bei allen Armen, Müden, Altersschwachen:
Der König wird uns glücklich machen.

10. Mai 1841