Knüppel aus dem Sack

Fallersleben » ( 20. 05. 1840)

Die Osterfeiertage 1840 verbringt Hoffmann im Gebirge bei einem Freund, dichtet auch dort fleißig weiter und schreibt dann am 20. Mai 1840, wieder zurück in Breslau, an Campe: „…Ich gehöre nicht zu den Dichtern “ die für ihre Erzeugnisse Preise fordern, die ins Blaue gehen.“ Meine Poesie ist leider nur zu oft ins Graue gegangen… Meine Freunde sind meinetwegen einigermaßen besorgt. Ich aber bin frohen Mutes…“ Hoffmann ist so frohen Mutes, daß er den Ton gleich verschärft und noch ein neues Gedicht hinzu fügt:

Im Mailied schreibt er: “ Jagt die reichen Hungerleider / und die Hasser und die Neider / in den dicksten Dornenstrauch..“

Am 7. Juni 1840, dem ersten Pfingsttage, stirbt Friedrich Wilhelm III., und sein Sohn Friedrich Wilhelm IV übernimmt die Regierung. „Es war eine große Landestrauer“, schreibt Hoffmann in seinen Lebenserinnerungen:“ die hohen Würdenträger, der Adel, die Geistlichen, die Offiziere, die Staatsbeamten – alles ging vorschriftsmäßig mit den Zeichen der Trauer einher. Auch ich hätte trauern sollen, überließ das aber meinen Herren Kollegen, die für dergleichen eher etwas auszugeben hatten als ich, und auch gerne mit schwarzem Krepp Hut und Arm schmückten. Einige legten einen solchen patriotischen Eifer an den Tag, daß sie ihre ganze Familie, sogar die Kinder von drei bis vier Jahren in eitel schwarz kleiden ließen. Die Volksstimmung war eine zweifelhafte. Niemand wußte recht, was nun kommen würde, ob man sich mit den alten Zuständen begnügen müsse oder mit hoher obrigkeitlicher Erlaubnis etwas Besseres hoffen dürfe. Von meinen Unpolitischen Liedern erfuhr ich nichts. Es war mir am Ende lieb, daß Sie eben jetzt nicht erschienen.

Anfang Juli 1840 erhält Hoffmann wieder Nachricht von Campe, „Höchst und Allerhöchst“ sowie das „Landwirtschaftliche“ waren zensiert worden. Der Drucker hatte daraufhin den Druck ausgesetzt, aber der Verleger wußte Rat: “ ich ließ sie auswärts drucken, so ist denn das vollständige Imprimatur in meinen Händen ! der letzte Bogen in der Presse und die ersten in den Händen des Buchbinders. – und will’s Gott, sind in acht Tagen die Exemplare auf dem Marsch ins Land: O Knüppel aus dem Sack auf’s Lumpenpack ! – Nasenrümpfen wird es geben; vielleicht Nasen selbst, – trotzdem, daß seitdem sich zwei Augen geschlossen haben. Wir wollen sehen, was der neue Hausvater tut; es ist das ein Probierstein ganz eigener Art, die Leute zu nivellieren. Ihre Freunde haben nicht unrecht, wenn Sie einige Bedenken hegen; ich gestehe Ihnen ganz ehrlich, daß ich sie ebenfalls gehabt habe, aber jetzt denke, daß der König ein gescheiter Mann ist, der selbst Witz und Humor in sich trägt und oft hat glänzen lassen – daher tolerant gegen andere sein könnte…..“
Ein Krieg zwischen Frankreich und Preußen lag in der Luft, ausgelöst durch einen Konflikt zwischen Ägypten und der Türkei. Von französischer Seite wurde der Rhein als Grenze in Frage gestellt , was die nationale Begeisterung in den deutschen Ländern anheizte. Zudem erhob der dänische König noch Gebietsansprüche gegen Schleswig – Holstein.
„Sie sollen ihn nicht haben, den freien deutschen Rhein“, hieß ein bekanntes Lied in diesem Jahr… Dies kam der liberalen Opposition in Preußen zu Gute. Ernst Moritz Arndt und Turnvater Jahn wurden rehabilitiert, die Gebrüder Grimm wurden nach Berlin geholt. Georg Herwegh, der im gleichen Jahr wie Hoffmann sehr erfolgreiche politische Gedichte verfaßt hatte (Gedichte eines Lebendigen) wurde zu einer Audienz geladen (Hoffmann aber nicht !) und Schriften über zwanzig Bogen Umfang wurden von der Vorzensur befreit. Den 22. Juli kamen die ersten Exemplare der Unpolitischen Lieder in Breslau mit der Post an.